Nach dem Gottesdienst am 25. August 2019 in Rüttenscheid stellte sich Apostel Thorsten Zisowski den Fragen jugendlicher Glaubensgeschwister. Im zweiten Teil des Interviews spricht er über Veränderungen in der Kirche und in den Gemeinden sowie den Kontakt zu Stammapostel Jean-Luc Schneider. Zudem gewährt er einen Einblick in sein Privatleben.
Du hast gerade einen Gottesdienst hier in der Gemeinde Rüttenscheid im Bezirk Essen gehalten. Dieses Kirchengebäude soll zeitnah durch einen Neubau ersetzt werden. Im September bist du wieder im Bezirk und profanierst dann das Kirchengebäude im Stadtteil Frintrop und versetzt den Gemeindevorsteher Peter Prengel in den Ruhestand. Welches Gefühl überwiegt in deinem Herzen? Eher die Wehmut über eine weitere geschlossene Gemeinde oder eine positive Anspannung, welche die Herausforderung mit sich bringt, eine attraktive Gemeindelandschaft zu gestalten?
Thorsten Zisowski: Meine Empfindungen sind so: Eine Kirche ist mehr als Stein, Wände und ein Dach. Eine Kirche ist ein geistliches Zuhause. Und ich habe ganz viel Verständnis dafür, wenn Glaubensgeschwister sagen: Es tut mir unsagbar weh. In einer Kirche, wo mir alles vertraut ist – ich kenne die Akustik, weiß, wie unsere Orgel klingt... Ich weiß wo jeder seinen Platz hat, ich weiß sogar wie meine Kirche riecht – ich sag das jetzt einfach mal so – das ist alles so vertraut und hat einen Wert für mich. Wenn das jetzt alles nicht mehr ist und wir uns zu neuen Ufern aufmachen müssen, das ist nicht leicht, und da müssen wir behutsam sein und diese Glaubensgeschwister mitnehmen.
Und jetzt kommt die andere Seite: Und dennoch glaube ich, wir müssen uns entschieden dieser Aufgabe stellen. Denn wenn wir Entwicklungen wahrnehmen, die letztendlich die Frage aufkommen lassen: Ist das jetzt noch eine Gemeinde? Ist alles noch verfügbar? Sind noch genügend Amtsträger da? Haben wir, und das ist ja eine Qualität unserer Gottesdienste, den musikalischen Rahmen verfügbar? Und wenn wir zu dem Entschluss kommen, nein, hier haben wir schon etwas gestrichen und jenes haben wir auch nicht mehr, dann müssen wir handeln und neue, lebendige Gemeinden aufstellen. Und darin liegt auch der Schlüssel: Nicht eine Gemeinde wird der anderen zugeschlagen. Die Glaubensgeschwister sollen sich mal irgendwo einen Platz suchen, nein es muss uns gelingen, dass beide Gemeinden, die zusammengehen, wirklich einen Neuanfang haben. Auch mit denen, die schon da sind – die haben auch einen Neuanfang mit denen, die nun dazukommen. Und das ist wirklich eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen, und das will ich gerne tun!
Du hast „Ja“ zu deinem Amtsauftrag gesagt, in einer Zeit, die eher zu den mageren Jahren zählt, wenn man an die Besucherzahlen im Gottesdienst denkt, zurückgehende Opferbeträge, Gemeindezusammenlegungen. Was treibt dich in diesen Zeiten an, was motiviert dich voller Glaubensüberzeugung, das Apostelamt auszuüben?
Thorsten Zisowski: Das ist die tiefe Überzeugung und der Glaube, dass es das Werk Gottes ist, dazu ein „Ja“ zu sagen. Du hast vollkommen Recht, wenn ich 20, 30 oder 40 Jahre zurück denke – also so alt bin ich schon, über fünfzig – und auf meine Heimatgemeinde und die Luxusprobleme zurückblicke: acht Organisten. Wer soll denn heute Orgel spielen und kriegen wir da einen Plan hin? Nur mal so als Beispiel. Und wenn das Licht angeht und zwölf oder 14 Priester nach vorne gehen, das haben wir heute nicht mehr. Trotzdem beschäftigt mich, was der Prophet Haggai gesagt hat, der von der Herrlichkeit des letzten Hauses gesprochen hat. Und wenn wir diese Dinge isoliert wirken lassen, dann könnte man sagen, er hat sich geirrt. Nein, er hat sich nicht geirrt! Denn das ist die Kirche Christi, in der das Heil vermittelt wird, um am Tag der Wiederkunft Jesu Christ bestehen zu können. Das ist Motivation: All denen, die diesen Weg gehen, eine Hilfe sein zu können und aus dem Amt heraus, das ich nun bekleiden darf, dieses Heil auch zugänglich zu machen.
Kirche verändert sich, nicht das Evangelium, aber gerade das Glaubensleben eines neuapostolischen Christen hat sich in den letzten Jahren verändert - Katechismus, Liturgie, Ökumene. Die einen sagen „hurra“ und warten schon auf die nächste Änderung, während einem anderen Teil der Gemeindemitglieder alles viel zu schnell geht. Du als Apostel solltest Verständnis für alle haben. Keine leichte Aufgabe, oder?
Thorsten Zisowski: Da gilt ähnliches wie zu der Frage bezüglich Kirchenschließungen und Zusammenlegungen. Auf beides gilt es Rücksicht zu nehmen! Mir ist das durchaus bewusst. Wir haben Glaubensgeschwister - ich sag das mal so - die haben die Turnschuhe angezogen und sind losgerannt und würden gerne die nächsten Entwicklungen haben. Trotzdem glaube ich, dass wir eine Kirche sind, der Evolution gut tut. Keine Revolution, nicht negativ verstanden, sondern Evolution. Und da müssen wir mit der Geschwindigkeit mal variieren und vielleicht auch mal sagen, es ist noch nicht der richtige Augenblick dafür. Lasst uns noch mal abwarten, zu einem späteren Zeitpunkt wird es vielleicht leichter. Und trotzdem sollten wir keinen Stillstand haben. Wir haben einen Stammapostel, der sehr viel bewegt, der auch Dinge der Vergangenheit, die uns sehr vertraut waren und sind, die durchaus auch bewährt wahren – ich spreche da das neue Amtsverständnis an – hinter sich lässt und sagt: Es ist eine neue Zeit und wir brauchen eine neue Form und eine Gestaltung, um bestehen zu können. Deswegen ist es immer so ein Abwägen „Was muss jetzt geschehen?“ und ein Abschätzen, was vielleicht jetzt noch zu früh ist. Da kann nur der liebe Gott, so hoffe ich, viel Weisheit schenken um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Aber das sage ich auch ganz deutlich: Unsere Kirche entwickelt sich und das ist auch richtig so.
Du bist 52 Jahre alt, hast zwei Söhne im Alter von 17 und 19 Jahren. Somit sind bei euch Zuhause bestimmt auch Themen an der Tagesordnung, in denen es um Jugend und Kirche geht. Können die jungen Christen in unserer Kirche somit darauf hoffen, dass du in Jugendthemen ganz nah an der Basis bist?
Thorsten Zisowski: Unsere 17 und 19 Jahre alten Söhne spiegeln ja nur ein Segment der Jugend wider. Beide wirken aktiv in der Jugendarbeit im Bezirk Bochum mit, worüber ich mich sehr freue. Das eine oder andere Thema wird immer mal in die Familie gespiegelt, und wir sprechen darüber. Ich halte es für ganz wichtig, dass dieses Dinge auch besprochen werden und einen Platz haben. Denn man sagt ja manchmal gerade den höheren Amtsträgern nach, wenn sie schon länger im Amt sind, dass sie den Bezug zur Basis verloren haben. Ich hoffe, dass es mir nie passiert! Und dafür ist auch ein Rat unseres Stammapostel hilfreich, welchen wir drei neuen Apostel von ihm bekommen haben: Achtet darauf, welche Stimmungen, welche Meinungen in der Gemeinde sind. Und er ist sogar noch deutlicher geworden, hat davor gewarnt, dass man Dinge zu hören bekommt, die man auch hören möchte. Habt das Ohr in der Gemeinde, habt das Ohr bei jeder Gruppierung einer Gemeinde. Und ich hoffe, dass ich zumindest diesen Ausschnitt an Jugendthemen - Apostel Franz-Wilhelm Otten steckt da viel tiefer drin - auch in unserem Arbeitsbereich Nordwest aufgreifen kann und ein paar Impulse gebe, damit alles zum Segen dient.
Von der Beauftragung als Bezirksältester direkt das Apostelamt zu bekleiden, heißt ja auch, unserem Stammapostel Jean-Luc Schneider, dem internationalen Kirchenleiter, ein Stück näher zu rücken. Ab jetzt gibt es bestimmt mehr Kontakt und Berührungspunkte mit Stammapostel Schneider, oder?
Thorsten Zisowski: Natürlich war das Wochenende mit unserem Stammapostel am 30. Juni intensiv, und danach erhielt ich auch einen Brief von ihm. Ich weiß nicht, ob das bekannt ist – der Stammapostel lädt jeden Apostel einmal im Jahr zu einem gemeinsamen Gottesdienst ein. Dieser Gottesdienst findet dann irgendwo in Europa statt, und ich habe nun eine Einladung bekommen für das nächste Jahr. Dann darf ich ihm wieder ganz nahe sein. Ich muss auch sagen, diese Einladung ist am 5. Januar 2020, und ich hoffe, sie noch einmal verschieben zu können. Nicht, dass ich nicht möchte, im Gegenteil, aber Apostel Nicolo Augello feiert mit seiner Frau an diesem Tag Goldene Hochzeit, und das ist nun mal in meinem Arbeitsbereich. Aber im Augenblick steht die Einladung für den 5. Januar nach Neuchatel. Vielleicht gibt es da im Laufe des Jahres noch eine Änderung. Aber der Stammapostel kommt auch einige Male in unseren Bereich. Wir werden ihn sehen, wir werden dazu eingeladen werden, und dann wird es sicherlich so sein, dass die Verbindung intensiver wird.
Eins will ich noch erwähnen: Die Apostel bekommen, nicht nach jedem Wochenende, aber nach vielen Wochenenden einen Brief zugestellt, in dem der Stammapostel die Gedanken des Gottesdienstes, den er dann an dem entsprechenden Wochenende gehalten hat, uns zukommen lässt. Ich habe beispielsweise heute morgen hier in Essen-Rüttenscheid mit einem Bibelwort gedient, welches unser Stammapostel vor drei Wochen in Südamerika verwendet hat. Und das ist auch ein besonderer Kontakt, es sind ein paar persönliche Zeilen und Gedanken, und das ist schon allein über diese Ebene ein Stück intensiver geworden, worüber ich mich sehr freue.
Letzte Frage: Was macht Thorsten Zisowski, wenn er mal Luft hat? Zeit für sich?
Thorsten Zisowski: Wenn er Zeit für sich hat….also, die Zeitfenster sind knapper geworden, das habe ich festgestellt. Aber wenn ich Zeit für mich habe… Wir haben für Bochumer Verhältnisse ein recht großes Grundstück. Und was ich mir nie hätte vorstellen können, wenn man mich vor Jahren gefragt hätte, dass ich einfach mal die Freude daran finde, in meinem Garten zu arbeiten. Jetzt bin ich nicht der Mann für die Rosenschere, das muss ich auch sagen, ich bin eher für die Heckenschere, den Freischneider und die Motorsäge zuständig. Das Größte, und das sage ich jetzt mit einem Schmunzeln, ist für mich mein Aufsitzrasenmäher. Das ist für mich so ein wenig „Cowboy-Feeling“.
Lieber Apostel, hab ganz herzlichen Dank für den offenen und tiefen Einblick in dein Herz. Mit Sicherheit kannst du dich auf eine breite Gebetsunterstützung aus den Gemeinden verlassen. Wir wünschen dir viel Kraft zur Erfüllung deiner neuen Aufgaben, stets den Engelschutz und Gesundheit. Möge am Ende einer Woche immer noch genug Zeit für deine Familie bleiben, damit du dich im Kreis deiner Lieben fallen lassen kannst.
Das Interview führten Talea Koch, Miriam Pforr und Holger Zepper am 25. August 2019
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